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  • AutorenbildMichael Gradwohl

Wi-Fi 6 - Neue Anforderungen an die Netzwerkinfrastruktur

Aktualisiert: 17. Aug. 2021

Wi-Fi 6 ist in aller Munde und kommt mit großen Schritten auf uns zu. Der neue Standard IEEE 802.11ax im Wireless LAN verspricht mehr Bandbreite und bessere Performance für Datenübertragungen. Um den neuen WLAN-Standard bzw. Wi-Fi 6 zu realisieren und umfänglich nutzen zu können, ist der Aufbau oder Austausch von Access Points notwendig. Doch der reine Austausch von Access Points, ist nur die halbe Wahrheit.

 

Wi-Fi 6 UND IEEE 802.11AX - WO IST DER UNTERSCHIED?


Die Begriffe Wi-Fi 6 und IEEE 802.11ax beziehen sich auf dieselbe Generation von WLAN-Technik. Durch das IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) werden die technischen Spezifikationen des neuen Standards definiert. Die Produkte der Hersteller, die den IEEE 802.11ax-Standard integriert haben, werden jedoch von der IEEE nicht weiter auf Interoperabilität geprüft. Diese Aufgabe übernimmt die Wi-Fi Alliance (WFA). Die WFA ist ein Netzwerk vieler Firmen aus verschiedenen Branchen, die die Einführung von Wi-Fi 6 weltweit vorantreibt. Diese Allianz zertifiziert die Produkte durch das Testen verschiedener Systeme in unterschiedlichen Kombinationen. Diese Tests werden von unabhängigen Prüflaboratorien durchgeführt, die bei einem erfolgreichen Test eine Zertifizierung vergeben dürfen, was durch das Logo der Wi-Fi Allianz auf dem getesteten Produkt kenntlich angebracht wird.

 

WAS IST DER BENEFIT VON Wi-Fi 6?


Der maßgebliche Vorteil von Wi-Fi 6 ist die hohe Übertragungsgeschwindigkeit. Die theoretische Geschwindigkeit von bis zu 6 Gbit/s ist jedoch von vielen Faktoren abhängig.

Ein weiterer Vorteil ist, dass der Standard IEEE 802.11ax auf den Vorgänger Standard IEEE 802.11ac aufbaut und somit viele technische Grundlagen übernimmt, wie z. B. das MU-MIMO Verfahren, die 8x8 Antennentechnik oder die 160 MHz Kanalbreite. Diese Faktoren und weitere ermöglichen eine sorglosere Migration beim Access Point-Tausch.


Die moderne Technologie Wi-Fi 6 unterstützt auch zukünftig besser technologische Vorhaben, wie z. B. den Aufbau von Smart Buildings. Ein weiterer Benefit, welcher mit positiver Skepsis betrachtet werden sollte, ist das Thema IoT (Internet of Things). Der neue Standard ist prädestiniert und darauf ausgelegt, dass ein Access Point viele Clients versorgen kann. Somit steht dem Gedanken „Mobility 4.0“ nichts mehr im Wege. Dies ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, da nicht jedes Endgerät den notwendigen Sicherheitsstandards entsprechen kann.

 

DIE RICHTIGE POSITION


Da der neue Wi-Fi 6 Standard dem Vorgänger IEEE 802.11ac sehr ähnelt, können größtenteils die Positionen der bestehenden Access Points übernommen werden. Grundlage hierfür ist jedoch, dass die bestehende Infrastruktur bereits auf den Standard IEEE 802.11ac ausgelegt ist.


Ein ebenso wichtiger Aspekt ist die Kollisionsprüfung mit anderen Funksystemen.

Durch das erhöhte QAM-Verfahren (Quadratur-Amplituden-Modulation) ist Wi-Fi 6 störanfälliger als seine Vorgänger.


Themen wie die organisatorische Funkhoheit und die Spektralanalyse eingesetzter Funksysteme, innerhalb des Unternehmens bekommen zukünftig eine viel höhere Priorität. Deren Umsetzung ist zu empfehlen.

 

SPIELT DER REST VOM NETZWERK MIT?


Da der neue WLAN-Standard Bandbreiten weit über 1Gbit/s ermöglicht, bedeutet dies zwangsläufig, dass auch der Anschlussport am Switch-System, an dem der Access Point angeschlossen ist, höhere Bandbreiten unterstützen muss. Da der klassische Access Switch bisher in der Regel den 10/100/1000-BaseT-Anschluss zur Verfügung stellte, an dem Client-Systeme wie auch Access Points angeschlossen wurden, hierfür aber nicht mehr eingesetzt werden kann, ist die Konsequenz, dass bei einem Rollout von Wi-Fi 6 ggf. auch LAN-Komponenten getauscht werden müssen, um die volle Performance der Access Points in das kabelgebundene Netzwerk übertragen zu können.

Seit längerer Zeit bieten verschiedene Hersteller von Netzwerkkomponenten auch die entsprechende Lösung in Form von Multi-Rate Ethernet Switchen an. Hier stellen die Anschlussports am Switch Bandbreiten von 1 Gbit/s, 2,5 Gbit/s, 5 Gbit/s und 10 Gbit/s zur Verfügung. Die Wi-Fi 6 Access Points besitzen entsprechende Multi-Rate Ethernet Ports, um die Bandbreiten der Funkübertragung auch in das lokale Netzwerk zu übertragen.

Höhere Bandbreiten für den Anschluss von Access Points bedeuten aber nicht zwingend eine notwendige Erhöhung der Bandbreiten-Uplinks der Switche in den Backbone. Durch eine professionelle Wi-Fi 6-Umgebung kann es zu einer Verlagerung der klassischen kabelgebundenen Clients in das Wireless kommen, was aber lediglich eine Verschiebung der Anschlusstechnologie bedeutet und keinen Zuwachs an notwendiger Bandbreite durch mehr Clients. In jedem Fall werden bei einer stärkeren Nutzung der Wireless LAN-Infrastruktur durch die Nutzer auch die Anforderungen an die Verfügbarkeit des WLANs steigen, was wiederum auch bei den aktiven Netzwerkkomponenten im LAN berücksichtigt werden muss.

Der neue WLAN-Standard kann einen massiven Zuwachs von mobilen Clients bringen, was neue Herausforderungen an das Monitoring und Management des Netzwerkes bringt. Ebenso wird das Thema Netzwerksicherheit und Verfügbarkeit neue Sichten auf die Netzwerkinfrastruktur erfordern. Das richtige Set an Tools, für Netzwerk-Management und -Monitoring für die Anforderungen an „Ihr“ Netzwerk und „Ihre“ Clients, wird an Wichtigkeit stark zunehmen.

 

VIEL "POWER" AUCH AUF DEM NETZWERKKABEL


Auch wenn es eigentlich um das Thema „Wi-Fi“ geht, muss das Thema „Verkabelung“ dringend beachtet werden. Mehr „Power“ bei Bandbreite und Performance von Wi-Fi 6, wird auch bei der Kabelinfrastruktur zur Anbindung der neuen Access Points auftreten. Da mit steigender Performance der eingesetzten Access Points auch mehr Energie benötigt wird, schlägt sich das direkt in der Stromversorgung der neuen Access Points nieder. Die fast immer über Power over Ethernet versorgten Access Points, benötigen dann, je nach technischer Ausstattung, deutlich mehr Leistung.



Stand heute wird mit den angebotenen Access Points für Wi-Fi 6 in den meisten Fällen eine Energieversorgung von Access Points im Wi-Fi 6-Standard auch mit PoE+ (IEEE 802.3at) möglich. Dies ist aber im Wesentlichen davon abhängig, welche Anzahl von Funkmodulen in den Access Points betrieben werden und ob auch erweiterte Möglichkeiten im Bereich von IoT-Anwendungen genutzt werden, die oft direkt mit den Access Points gekoppelt werden können.

Auch wenn heute vielleicht bei einer bevorstehenden Einführung von Wi-Fi 6 nicht das volle Potential genutzt werden soll und somit die eingeschränkte Variante ausreichend erscheint, ist doch der Weg zu mehr Mobility, IoT und Smart Building für die Zukunft sehr wahrscheinlich. Wenn also Infrastruktur im Gebäude ertüchtigt oder neu gebaut wird, um Wi-Fi zu realisieren, führt kein Weg daran vorbei diese jetzt schon für die zukünftigen Anforderungen (PoE nach IEEE 802.3bt) zu dimensionieren. Wie die Erfahrung zeigt, ist eine nachträgliche Anpassung von Kabelinfrastruktur und Energieversorgung mit sehr hohen Kosten verbunden oder manchmal gar nicht mehr umsetzbar.

 

WAS SONST NICHT VERGESSEN WERDEN DARF


Neben dem Ausbau der aktiven und passiven Netzwerkinfrastrukturen, müssen auch weitere Aspekte betrachtet werden. Hierbei muss z. B. an den Ausbau von Kabeltrassen aufgrund anderer Kabeltypen im Netzwerkbereich geachtet werden oder auf Kühlung und Klimatisierung von Technikräumen aufgrund höherer Verbrauchswerte der Stromversorgungen. Dies alles sollte im Kontext einer ganzheitlichen IT-Strategie betrachtet werden, um eine Infrastruktur mit optimalem Betrieb und Nutzung zu gewährleisten.

 

FAZIT


Zusammenfassend lassen sich folgende Punkte schlussfolgern:


  • Stellen Sie sicher, dass die passive und aktive Netzwerkinfrastruktur auf einem Stand ist, der die Migration von Wi-Fi 6 ermöglicht. Das kabelgebundene Netzwerk bildet die Grundlage des kabellosen Wi-Fi-Netzwerkes. Energieversorgung durch die Switch-Systeme wird ein größeres Thema werden als bisher.

  • Es gilt zu beachten, dass sich Performance-Veränderungen bzw. Verlagerungen der Performance im LAN einstellen können. Dies sollte schon bei der Planung der Einführung von Wi-Fi 6 beachtet werden.

  • Der Trend zum Internet der Dinge und intelligenten Gebäuden wird eine zukünftige Anforderung für Netzwerke sein. Somit sollten zusätzliche Ressourcen zur Verfügung stehen, um sicherzustellen, dass Hunderte, wenn nicht Tausende zusätzlicher Geräte in einem Netzwerk sitzen können. Eine neue Art konvergente Netze wird entstehen, wie es damals zum Beispiel bei Voice over IP der Fall war, nur dass der Impakt wesentlich größer und umfangreicher sein wird.

  • Durch die Bereitstellung einer leistungsfähigen Funknetzinfrastruktur wird die Integration von Clients wesentlich agiler, was auch die Anforderungen an Sicherheits- und Zugriffsrichtlinien verändern wird. Mit einer leistungsfähigen Management-Plattform für das Netzwerk, können Monitoring und Änderungen gleichzeitig über drahtgebundene und drahtlose Netzwerke angewendet werden.

 

DIE AUTOREN


Michael Gradwohl hat eine daten-technische Ausbildung und ist seit 2000 Teil des RÖWAPLAN-Teams.


In seinem Fachschwerpunkt Enterprise Netzwerke hat er schon eine Vielzahl von Projekten rund um die Themen LAN, WLAN und WAN durchgeführt. Hierbei begleitet er Projekte der Strategieentwicklung, Entwicklung und Planung von Netzwerkarchitekturen und Umsetzungsprojekte.


Als Teamleiter ist er verantwortlich für die fachliche Entwicklung der Themen, rund um die IP-Technologie.

 

Tobias Koudelka ist gelernter Fachinformatiker mit dem Schwerpunkt Systemintegration und seit 2002 im Team der RÖWAPLAN AG.


Bei der RÖWAPLAN AG ist er verantwortlich für den Bereich Wireless LAN.


Neben der Planung von WLAN-Netzen begleitet er Projekte im aktiven und passiven Netzwerkumfeld.


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