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  • AutorenbildDr. Birgit Trukenbrod

SERVICE LEVELS ALS BESTANDTEIL VON IT-SERVICEVERTRÄGEN

Aktualisiert: 17. Aug. 2021

Wie im Fachtipp „Ausschreibungsdokumente – an alle Bestandteile einer Ausschreibung denken“ erläutert, sind Service Levels ein zentraler Baustein einer Ausschreibung. Service Levels beschreiben die erwartete Qualität der Leistung mit Hilfe von Kennzahlen. Sie stufen zum Beispiel ein, wann oder in welcher Ausprägung die Leistung zu erbringen ist. Hier können sowohl technische als auch prozessuale Kennzahlen (KPIs) zum Einsatz kommen. Im Rahmen von KPI-Messungen kann der aktuelle Status des Service im Vergleich zu den Service Level Vorgaben beurteilt werden. In einem Service Level Agreement (SLA) wird vereinbart, welche Einstufung für die beauftrage Leistung gelten soll.

Dass bei der Definition von Service Levels und den zugehörigen Kennzahlen stets auch der jeweilige Adressat zu berücksichtigen ist, wurde im Fachtipp „IT-Service mit Kennzahlen messbar machen“ bereits erläutert. Offen blieb bisher die Frage, welches konkrete Vorgehen zur Definition von Service Levels empfohlen wird.

 

SLA, OLA UND UC


Bei einem IT-Service stehen sich einerseits der Servicebezieher (Auftraggeber) und andererseits der Serviceerbringer (Auftragnehmer) gegenüber. Im Rahmen einer Vereinbarung wird zwischen beiden Parteien auf Basis der Leistungsbeschreibung die erwartete Qualität des zu erbringenden Service festgeschrieben. Wird der Service von einem externen Serviceerbringer geleistet, wird diese Vereinbarung als Service Level Agreement (SLA) bezeichnet. Erfolgt die Vereinbarung zwischen zwei internen Organisationseinheiten, spricht man von einem Operational Level Agreement (OLA), und im Falle einer Vereinbarung des externen Dienstleisters mit einem Subunternehmen von einem Underpinning Contract (UC).

All diese Vereinbarungen beschreiben die erwartete Qualität der Serviceerbringung mit Hilfe von KPIs (Key-Performance-Indicators) und legen Messmethoden für die Beurteilung der Leistung fest.

 

ERSTELLUNG VON SERVICE LEVELS FÜR DIE LEISTUNGSBESCHREIBUNG


Die Leistungsbeschreibung enthält im Allgemeinen neben den konkreten Tätigkeiten die Service Levels zur Qualitätsvorgabe und -beurteilung. Für die Beurteilung der Leistung und Steuerung des Service sind die Messung von Kennzahlen und die Festlegung von Folgen aus der Kennzahlenmessung wesentlich.

Bei der Erstellung von Service Levels empfehlen wir folgendes Vorgehen:

  1. An erster Stelle steht die Festlegung des Kunden oder Servicebeziehers. An wen ist der Service gerichtet, wer nutzt den Service? Für ihn ist der Service zu formulieren und die Leistungsbeschreibung entsprechend auszurichten.

  2. Anschließend sind die geltenden Zeiten – Systemzeit (Betriebszeit), Servicezeit, Bereitschaftszeit (Rufbereitschaft) und evtl. Wartungszeitraum (Wartungsfenster) – zu benennen und abzugrenzen.

  • Die Systemzeit ist die Zeit, in der die technischen Komponenten und Systeme und die Leistungsobjekte des Service verfügbar sind.

  • Die Servicezeit beschreibt einen Zeitraum innerhalb der Systemzeit, aber außerhalb der Bereitschaftszeit. In dieser Zeit sind alle Aktivitäten und Service Level aus den Prozessen sicherzustellen.

  • Die Bereitschaftszeit ist die Zeit innerhalb der Systemzeit, die nicht durch die Servicezeit abgedeckt wird, in der aber qualifizierte Ansprechpartner des Serviceerbringers für den Servicebezieher für Aufgaben zur Verfügung stehen.

  • Als Wartungszeitraum wird der Zeitraum innerhalb der Systemzeit bezeichnet, in der ein Service geplant eingeschränkt werden kann.

Die Einordnung zeigt das folgende Beispiel:



Während der Systemzeit können technische Kennzahlen herangezogen werden, um die technische Verfügbarkeit zu beurteilen. Mit Hilfe von prozessualen Kennzahlen kann die personelle Verfügbarkeit während der Servicezeit und der Bereitschaftszeit gesteuert werden. Im Wartungszeitraum sind technische und personelle Verfügbarkeit zur regeln. Dies kann über technische und prozessuale Kennzahlen erfolgen.


  1. In Abhängigkeit zu den bereits genannten Punkten sind entsprechende Kennzahlen auszuwählen, z. B. Verfügbarkeit, Auslastung, Reaktionszeit, Lösungszeit, …

  2. Mit Hilfe eines Kennzahlensteckbriefs sind abschließend die ausgewählten Kennzahlen in einer Standardvorlage zu erstellen oder ggf. anzupassen und damit Teil der Leistungsbeschreibung.

 

IMPLEMENTIEREN VON SERVICE LEVELS


Rechtzeitig zum Zeitpunkt der Serviceübernahme bzw. dem Verantwortungsübergang an den Serviceerbringer muss auch die Implementierung der vereinbarten Service Levels abgeschlossen sein, im Idealfall mit Toolunterstützung und entsprechendem Monitoring. Bei der Implementierung von Service Levels empfiehlt sich der folgende Ablauf:

  • Als erstes sollten Meilensteine mit Terminen für die Produktivsetzung der Service Levels definiert werden.

  • In einem weiteren Schritt sind alle organisatorischen, prozessualen und technischen Maßnahmen zu ergreifen, um die Implementierung der Service Levels zu ermöglichen. Dies sind unter anderem die Einführung der Messtools und -methoden, ggf. Beschaffung, die Anbindung von Systemen und Komponenten in das Monitoring zur Datenerhebung und der Aufbau des Reporting (Berichte).

  • Im Anschluss erfolgt die Implementierung der Kennzahlen und Service Levels in den vorgesehenen Messtools.

  • Abschließend folgen Testläufe und die Abnahme der implementierten Kennzahlen, Service Levels und Reports.

 

ÜBERPRÜFUNG VON SERVICE LEVELS


Die Vereinbarung eines Service Level Agreements ist nur dann sinnvoll, wenn auch auf Seiten des Auftraggebers die Einhaltung der Service Levels eingefordert und überwacht wird. Sind alle Vorgaben und Reports implementiert, sollte sich während der Serviceerbringung eine kontinuierliche Überprüfung anschließen. Hier empfehlen wir folgende Schritte:

  • Zuerst erfolgt ein Abgleich des Ist-Status mit den Soll-Werten: Werden tatsächlich alle Vorgaben erfüllt? Entspricht die Leistungserbringung den vereinbarten Qualitätsansprüchen?

  • Bei Abweichungen sind die Ursachen dafür zu ermitteln: Liegt es an der Technik oder liegen die Ursachen in den Prozessabläufen? Waren die Service Levels zu ambitioniert? Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Gap zwischen Ist und Soll? Werden evtl. sogar Vertragsstrafen fällig (siehe Fachtipp „Pönale, Schadensersatz & Co. – Ein wirksames Steuerungsinstrument“)?

  • Im Anschluss sollte Verbesserungspotenzial herausgearbeitet werden. Das kann sowohl die technische Aufrüstung als auch personelle oder organisatorische Aspekte betreffen.

 

BEWERTUNG VON SERVICE LEVELS


Im Zuge einer Life-Cycle-Betrachtung von IT-Services sollte stets der aktuelle Vertrag bewertet und der Anschlussvertrag bereits im Auge behalten werden. Wir empfehlen dafür folgendes Vorgehen:

  • Überprüfung des aktuellen Vertragsmodells: Ist dies noch bedarfsgerecht?

  • Abgleich der Serviceinhalte und Service Levels: Sind sie konsistent und entsprechen sie auch zukünftigen Anforderungen?

  • Review des Leistungsumfangs: Gibt es im aktuellen Vertrag Lücken, Überschneidungen oder Fehler? Falls dies der Fall ist, sind entsprechende Maßnahmen zu erarbeiten und Verbesserungspotenziale zu beschreiben. Kommen zusätzliche Leistungen in Zukunft hinzu oder werden Leistungen entfallen, ist dies ebenfalls zu formulieren.

  • Am Ende sind der Vertrag und alle relevanten Unterlagen, Serviceinhalte, Service Levels, Reports, usw. anzupassen. Hier ist zu entscheiden, ob diese Anpassungen dringend und evident sind. Dann ist mit dem Serviceerbringer ein entsprechendes Contract Change Verfahren einzuleiten. Oder sind die Anpassungen erst in der Zukunft relevant und haben daher nur Einfluss auf eine neue Vertragsgestaltung.

 

FAZIT


Service Levels sind ein zentrales Element zur Steuerung eines IT-Service und dürfen in keiner Ausschreibung fehlen. Sie beeinflussen wesentlich die Preisgestaltung der Anbieter und sollten daher mit Bedacht festgelegt werden – „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Es sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass Service Level Vorgaben nur dann Sinn machen, wenn sie auch tatsächlich eingefordert werden. Sie müssen implementiert, geprüft und bewertet werden. Hierbei ist der Aufwand zur Ermittlung der maßgeblichen Kennzahlen zu berücksichtigen.

Außerdem betreffen Service Levels nicht nur den aktuellen Status des IT-Services, sondern liefern auch einen wichtigen Beitrag für eine Life-Cycle-Betrachtung des Vertrages und sind daher zukunftsweisend.

 

ZUR AUTORIN


Dr. Birgit Trukenbrod hat Mathematik studiert und im Anschluss promoviert.


Sie war mehrere Jahre als Referentin im Produktmanagement und Marketing in einem großen Versicherungsunternehmen tätig.


Zudem übte Sie die langjährige Tätigkeit als Dozentin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Aalen aus. Seit 2015 ist Dr. Birgit Trukenbrod als Consultant bei der RÖWAPLAN AG angestellt.


Sie ist im Geschäftsbereich Beratung tätig und hat Erfahrung im Bereich der Ausschreibung, des Audits, der Servicebeschreibung und des Projektmanagements sowie der Projektleitung vorzuweisen.

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