In unseren Fachtipps „Service Transition“ und „Beendigungsleistungen“ lesen Sie, wie wichtig Übergangsphasen für einen reibungslosen Verantwortungsübergang sind. Es kommt auf den Auftraggeber während eines Parallelbetriebs oder der Einführung eines neuen Service einiges zu: Es gilt, komplexe Sachverhalte und Vorhaben zu strukturieren und oftmals mehrere gleichzeitig eingesetzte Dienstleister zu steuern. Entscheidungen müssen getroffen werden, Terminpläne sind einzuhalten und allem voran, muss der neue Dienstleister in die Lage versetzt werden, am Stichtag x tatsächlich den Service übernehmen zu können. Da den Überblick zu behalten ist oftmals gar nicht so leicht.
Um von Beginn an auf dem richtigen Weg zu bleiben, geben Meilensteine nicht nur die Route vor, sondern messen auch wichtige Leistungsmerkmale wie:
Zwischenziele
Leistungsfortschritt
Zeitverzögerungen
Qualitätskriterien
Messkriterien
Jeder Meilenstein sollte abnahmerelevant sein. So können Mängel rechtzeitig erkannt und beseitigt werden.
Wir empfehlen unseren Kunden, bereits zum Zeitpunkt der Erstellung der Ausschreibung, für ihn wichtige und kritische Meilensteine sowie deren Messkriterien zu berücksichtigen. Weitere Meilensteine können trotzdem während der Transitionphase noch gemeinsam mit dem Dienstleister festgelegt werden. In dieser Vorgehensweise sehen wir verschiedene Vorteile:
Je detaillierter die Übergangsphasen und deren Anforderungen in der Leistungsbeschreibung beschrieben sind, umso genauer kann der Bieter seine Preiskalkulation während der Angebotsphase durchführen.
Die Inhalte der Übergangsphasen, werden mit dem Auftragnehmer vertraglich vereinbart (Leistungsbeschreibung bildet Vertragsgrundlage).
Entlastung des Auftraggebers innerhalb der Übergangsphasen.
Qualitätskriterien wurden bereits im Vorfeld ausreichend und in Ruhe durchdacht.
Vor allem den letzten Punkt sehen wir als relevant und von zentraler Bedeutung. Das Qualitätsniveau sollte immer durch den Auftraggeber festgelegt werden. Die Ausplanung der Meilensteine wird zwar zu Beginn der Übergangsphasen in Zusammenarbeit mit dem Auftragnehmer durchgeführt – die initiale Festlegung sollte jedoch immer durch den Auftraggeber erfolgen.
Im Folgenden werden grundlegende Meilensteine inkl. ihrer Abnahmekriterien und Zweck aus unserer Best Practice vorgestellt. Bei den Beispielen handelt es sich bereits um ausformulierte Beschreibungen der Meilensteine. Die Beispiele können beide Übergangsphasen betreffen:
TERMINGERECHTE FERTIGSTELLUNG DES ÜBERNAHME- BZW. ÜBERGABEPLANS
Der Auftragnehmer wird einen durch den Auftraggeber freizugebenden Plan für die Übergangsphase entwickeln und liefern. Auf Basis dieses Plans wird der Auftragnehmer die Durchführung aller notwendigen Schritte vornehmen. Die Beschreibung des Projektes und der dazugehörige Plan sind, vor Ablauf von zwei Wochen nach Beginn der Übergangsphase, in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber zu aktualisieren und an den Auftraggeber zwecks Freigabe zu übergeben.
Abnahmekriterien:
Der Übernahme- bzw. Übergabeplan für die Übergangsphase umfasst alle kritischen Meilensteine, organisatorische Themen und alle Abläufe der Migration. Diese sind sowohl zeitlich als auch inhaltlich geplant und beschrieben.
Der Übernahme- bzw. Übergabeplan für die Übergangsphase wurde durch den Auftragnehmer erstellt und mit dem Auftraggeber einvernehmlich und innerhalb der Terminvorgabe abgestimmt.
Zweck: Im Übernahme- bzw. Übergabeplan sind alle zu übernehmenden bzw. übergebenden Inhalte aufgeführt. Die Ausprägung der Pläne variiert je nach Service. Nicht immer muss die prozessuale und technische Umsetzung bis ins kleinste Detail beschrieben werden. Es ist ausreichend eine Grobplanung festzulegen z.B. „Dokumentation gesichtet“, „Testlauf“ usw.
TERMINGERECHTE VERFÜGBARKEIT DER SERVICE MANAGEMENT ORGANISATION
Der Auftragnehmer wird dafür Sorge tragen, dass zu dem, mit dem Auftraggeber vereinbarten Termin (gemäß Übernahme- bzw. Übergabeplan für die Übergangsphase) die Service Management Organisation aufgebaut und verfügbar ist. Des Weiteren ist erforderlich, dass der Auftragnehmer zu diesem Zeitpunkt mit der Toollandschaft des Auftraggebers vertraut ist.
Abnahmekriterien
Die definierten Rollen und Positionen des Auftragnehmers sind besetzt und auf die Rahmenbedingungen beim Auftraggeber geschult.
Die geforderten Meetings und Gremien wurden in Zusammenstellung, Zweck, Tagesordnung und Verantwortlichkeiten schriftlich detailliert und beschrieben.
Die Personenkreise sind bekannt und wurden über ihre Rollen und Verantwortlichkeiten informiert.
Der Auftragnehmer arbeitet bereits mit den Tools des Auftraggebers.
Zweck: Zukünftig eingesetztes Personal sollte dem Auftraggeber frühzeitig vorgestellt werden, damit z. B. die Qualifikationsprofile der Mitarbeiter mit den Anforderungen abgeglichen sowie Zugangs- und Zutrittsrechte durch den Auftraggeber eingerichtet werden können.
IMPLEMENTIERUNG DER ZU BEACHTENDEN ESKALATIONSPROZEDUREN
Der Auftragnehmer stellt sicher, dass er die vereinbarten Eskalationsprozeduren in seine Prozesslandschaft implementiert hat.
Abnahmekriterien
Der Eskalationsprozess für die Service Transition und für die Leistungserbringung ist schriftlich festgehalten.
Die beteiligten Rollen sind mit Personen versehen.
Den beteiligten Personen wurde die Dokumentation des Eskalationsprozesses vorgestellt und zur Verfügung gestellt.
Eine Zustimmung der Beteiligten wurde eingeholt.
Zweck: Falls es zu Beginn der Serviceübernahme zu Problemen durch unterschiedliche Sichtweisen bezüglich des Leistungsverständnisses kommt, darf zur Klärung nicht noch viel Zeit vergehen bis die entsprechenden Personen Handlungsvollmachten haben.
FRISTGERECHTE INTEGRATION DER SERVICE PROZESSE
Der Auftragnehmer hat dafür Sorge zu tragen, dass er die Integration der Auftraggeber-Service Prozesse in seiner Prozesslandschaft abgeschlossen hat.
Abnahmekriterien
Ein Betriebsplan wurde erstellt.
Betriebsprozesse sind implementiert, dokumentiert und abgenommen.
Zweck: Reibungslose und vollständige Serviceübernahme und Leistungserbringung.
ENTWICKLUNG SERVICE REPORTING
Der Auftragnehmer stellt sicher, dass alle geforderten Reports implementiert und in einem Format, gemäß den Vorgaben des Auftraggebers, berichtet werden.
Abnahmekriterien
Alle relevanten Service Level haben eine abgestimmte Berichtsform.
Die Leistungsabnahmedokumente wurden erstellt und abgestimmt.
Die Unterschriftsberechtigten, Prozessverantwortlichen und –beteiligten wurden benannt.
Etwaige Präzisierungen und Erweiterungen bzw. Ergänzungen der Service Level wurden in einem Dokument festgehalten.
Zweck: Servicequalität kann ausgewertet werden.
Abhängig vom jeweiligen Service ist die Definition von anderen/weiteren Meilensteinen selbstverständlich möglich.
FAZIT
Meilensteine helfen bei der Steuerung der Übergangsphasen. Sie schaffen Transparenz über die erwartete Leistung und den erzielten Fortschritt.
Bei der Festlegung der Meilensteine, ist zu beachten, dass diese auch aussagekräftige Informationen zum Verlauf der Übergangsphasen liefern.
Entscheidend ist nicht die Anzahl der Meilensteine, sondern die richtige Auswahl, deren Beachtung durch den Auftragnehmer und Einforderung durch den Auftraggeber.
Sind die Migrationsphasen erfolgreich überstanden, kann der Service vom Dienstleister auch erfolgreich übernommen werden.
ZUR AUTORIN
Lisa Dolderer ist geprüfte Wirtschaftsfachwirtin und seit mehreren Jahren Consultant bei der RÖWAPLAN AG.
Sie ist in der Beratung sowie im Projektgeschäft tätig und hat schon viele Ausschreibungsverfahren erfolgreich begleitet.